Komm nach Hagen


Heiliger Boden… Hagen revisited


Ein Bericht von Thorsten Knublauch.

Mir ist schon vor längerer Zeit mal die Idee gekommen, die heiligen Orte in Hagen zu besuchen, die durch „breite Füße“ geehrt und auf Fotos verewigt wurden. So habe ich mich mal einige Tage mit meiner Kamera auf die Suche begeben und versucht, lohnenswerte und erreichbare Motive auf Film zu bannen…

Ich muß zugeben, dass es für eine Hagener Kapelle nicht so viele Orte sind, wie man vielleicht denken mag. Ich konnte außerdem auch nur das Material verwenden, was sich in meiner Sammlung befindet. Es gibt aber gerade aus der ganz frühen Zeit einige, vermutlich in Hagen geschossene Fotos, die einfach nicht mehr zuzuordnen sind, weil es nur irgendwelche Bushaltestellen, Bahnhöfe, Wände oder sonstiges sind. Diese musste ich weglassen. Vieles, was man sich heute anschauen kann läuft unter dem Motto: „Nichts ist für immer“ und „Zeit macht nur vor dem Teufel halt – wir werden ziemlich alt“…

Ich hoffe aber, dass die nachfolgenden Bilder und Ausführungen doch recht interessant sind und ggf. zur Nachahmung anregen….

Der Tunnel


Der „Tunnel“ – eine kleine Unterführung von der unteren Grünstraße zur Konkordiastraße, von Wehringhausen (Wehrdichhausen) in die Innenstadt. Ich arbeite am oberen Ende der Grünstraße und irgendwann ist mir was aufgefallen….

Dieser Ort wurde sehr häufig für Fotosessions aufgesucht und die geschossenen Motive auch massiv verwendet. Vielleicht sollte dieser Ort die Verbindung von Extrabreit zu Wehringhausen dokumentieren zumal der Slogan, mit dem Extrabreit in den Anfangsjahren immer angekündigt wurde, „Extrabreit – Rock aus Wehrdichhausen“ hieß.


Das erste Foto wurde im Sommer 1979 gemacht und im Musikertreff-Heft 9/79 im Rahmen eines Berichtes über einen Open Air Festival Auftritt in Porta Westfalica am 17.08.1979 veröffentlicht. Auf dem Foto links ist Gabi Lappen zu sehen, die zeitweise die Band auf dem Klavier begleitet hat und später für „Allegro für Annemarie“ verantwortlich zeichnete. Ansonsten sind Stefan, Ralf Teuwen, Piet Wortmann, Hörnchen und Horst-Werner Wiegand abgebildet. Das Foto wurde logischerweise von stadtwärts aus geschossen, weil – auch heute noch – die Stadtteilangabe über dem Eingang steht. Rolf Möller hat bei o.g. Gig ebenfalls mal kurzfristig zur Band gehört, also vor seiner eigentlichen Mitgliedschaft ca. ein Jahr später. Es wird berichtet, dass er Hörnchen am Schlagzeug in Porta unterstützt hat – er hat also mit Hörnchen parallel Schlagzeug gespielt. Das hatte Rolf schnell satt, wie er mir erzählt hat…. Auf dem Foto ist er auf jeden Fall nicht.


Die nächste Fotosession fand dort im Frühjahr 1980 statt. Diesmal wurde auf der Wehringhauser Seite oberhalb des Tunnels runter auf die Treppen bzw. auf den Radweg fotografiert. Das Foto zeigt von links nach rechts Piet Wortmann, Roadie Uli, Horrible Horn, Stefan Kleinkrieg, Kai Havaii und Ralf Teuwen. Unschwer erkennbar war dieses Foto auf dem Cover der ersten Single „Hart wie Marmelade“, die am 14.04.1980 erschien!



Zwischen der Single-Veröffentlichung und der im Spätsommer folgenden LP-Veröffentlichung wurden Promo-Fotos geschossen, die im Rahmen von Presseveröffentlichungen, sogar noch bis mitte 1981 gerne Verwendung fanden. Lustigerweise war gerade in der Zeit, wo die Bilder geschossen wurden, Norbert Laumann für Kai in die Band als Sänger eingestiegen. Rolf Möller war nun Drummer der Band, das hatte sich ja so bei der Session für die erste LP ergeben. Piet Wortmann und Ralf Teuwen waren noch dabei. Das erste Foto zeigt eine Aufnahme am Ende des Tunnels in Richtung Wehringhausen. Von links nach rechts: Piet Wortmann, Rolf Möller, Norbert Laumann, Stefan Kleinkrieg und Ralf Teuwen.



Ein weiteres Fotos aus der Session ist dann auf der Rückseite des LP-Covers der „Ihre größten Erfolge“ gelandet. Kai hat zwar die Frontseite gebastelt und ist der Sänger, die Plattenfirma wollte jedoch für die LP die zum Zeitpunkt aktuelle Besetzung abbilden. Deshalb wurde dieses Foto draufgepackt, welches an einer Wand am Radweg der Unterführung aufgenommen wurde. Auf dem oben gezeigten Tunnelbild ist es die Wand, an der sich Ralf lehnt, etwa in der Höhe wo Stefan steht (if you know what I mean). Die genaue Stelle ist natürlich nicht mehr herauszufinden – ich habe mich für die „Liebeserklärung“ entschieden, was in etwas hinhauen dürfte…Das Coverfoto zeigt von links nach rechts: Norbert Laumann, Rolf Möller, Stefan Kleinkrieg, Ralf Teuwen und Piet Wortmann.




Hagener Innenstadt


Die nächste Fotosession führte unsere Helden im Spätsommer 1981 mit dem Fotografen Barney Schaub quer durch die Hagener Innenstadt. Auf der Suche nach guten Motiven begibt man sich zunächst ins Karl-Ernst-Osthaus-Museum an der Hochstraße, wo die kommenden “phantastischen 5” unter fünf Engelsportraits posierten.



Um die Ecke in der Prentzelstraße wurde in Höhe der dortigen Polizei-Wache an einem parkenden Polizei-Wagen posiert.



Für das nachfolgende will ich Kurt Großkurt aus der Breiten-Story Nummer 32 zitieren:


„Schon 1980 ist ein erster Versuch gescheitert, von der Polizei eine Sondergenehmigung zur Veröffentlichung eines Radarfotos zu erwirken, auf dem der mit EB-Schriftzügen besprühte VW-Bulli der BREITEN mit exakt 84 km/h in der Hagener Innenstadt geblitzt worden ist. Auf diesem leider verschollenen Zeitdokument sind zwar schemenhaft, aber völlig eindeutig einige BREITGESICHTER zu erkennen. Das Gesuch ist damals brüsk abgelehnt worden, mit dem Hinweis, dass Polizeifotos nicht zu “Werbezwecken” mißbraucht werden könnten.


Nun aber – zur bevorstehenden Veröffentlichung von “Polizisten” – soll es gelingen, irgendeine “gemeinsame Situation” zwischen Polizei und EXTRABREIT zu erzeugen und auf Film zu bannen. Der Versuch mit dem Polizeiwagen scheitert noch, weil ein auftauchender Beamter die beim Wagen herumlümmelnden Musiker und den Fotografen auffordert, sofort zu verschwinden.

Nachdem man eine weitere halbe Stunde etwas abseits der Hagener Zentral-Wache auf die Lauer gelegen hat, geschieht das Ersehnte: Zwei zeittypische Verteter der Spezies, die EXTRABREIT gerade so leidenschaftlich besungen hat, betreten das Trottoir und beginnen ihren nachmittäglichen Rundgang durch die City. Nachdem man gesehen hat, welchen Kurs sie einschlagen, hastet Barney mit seiner Kamera um den Häuserblock, um das Duo von vorne abzupassen. Die Band schlendert inzwischen in vorsichtigem Abstand hinter den Beiden her.
In Blickrichtung der BREITEN und vor den beiden Beamten taucht nun Barney auf und hebt die Kamera in Hüfthöhe. Die Band stellt sich in Positur und dem Fotografen gelingen ein paar schnelle Schüsse. Nachdem man den beiden Beamten schwarze Augenbalken verpasst hat, was nicht nur juristisch korrekt ist, sondern der Szene noch ein besonderes Flair verleiht, wird das Bild eins der meistgedruckten EXTRABREIT-Fotos im Jahr 1981.“

Das Foto entstand dann doch viele Straßen von der Prentzelstraße entfernt in der Viktoriastraße!



Weiter ging es dann in das sogenannte Hagener „Bermuda-Dreieck“ in der Hohenzollernstraße in der Hagener Fußgängerzone. Dort befanden sich damals in einem Komplex die Kneipen „Spinne“, „Tuba-Keller“ und „Lüster“. Das abgebildete Foto zeigt die erschöpften Helden im Biergarten vor der Spinne. Alle drei Kneipen wurden nach mehrmaligen Besitzer- und Namenswechsel im Frühjahr diesen Jahres geschlossen. Auch sonst hat sich dort in unmittelbarer Nähe in den letzten 23 Jahren eine Menge getan. In Blickrichtung etwas nach rechts entstand die „Neue Mitte“ und links auf dem Grundstück des gesprengten Sparkassen Hochhauses „Oskar“ entsteht derzeit ein neuer Sparkassenkomplex. Diese Foto ist das einzige, was ich aus dieser Session in Farbe finden konnte – Publics Shirt kommt so richtig zur Geltung…



Auf der Maxi-Single von „Polizisten“ ist als letztes mir bekanntes Foto aus dieser Session noch ein Treppenhausfoto zu finden. Das Foto wurde im Treppenhaus ihres Bürohauses in der Augustastraße geschossen.


Stadthalle Hagen

Anfang 1982 gab es mal wieder eine Session, diesmal für die „Pop Rocky“ auf dem Gelände der erst im September 1981 (u.a. mit einem Gratis-Konzert von Extrabreit im Felsengarten vor der Stadthalle) eröffneten Hagener Stadthalle – einem Glaspalast, der für Konzerte bis 2.000 Leute, Messen und das Symphonieorchester ausgerichtet wurde und dann aufgrund der restriktivem Hausordnung schnell von allen guten Künstlern gemieden wurde. „Wetten dass“ war anfangs auch einige Mal dort – dann passten gerade mal 500 Zuschauer rein…


Für den Fotografen posierte man auf der Dachterrasse zwischen Stadthalle und Hotel. Im Hintergrund eine schmucke 70er Jahre Hochhauskulisse, die sich oberhalb vom Felsengarten befindet. Heute ist der Ort kaum verändert.



Weitere Bilder wurden unter der Dachterrasse im Bereich der Hotelvorfahrt gemacht. Es war nicht so einfach, diesen Ort wiederzufinden. Es ist nicht überliefert, ob der Liebesgruß über Rolfs Kopf seiner Frau Sabine gegolten hat.




Ein weiteres Foto, was wie das Felsengartenfoto, auf einem Pop Rocky Poster Verwendung fand, wurde innen an irgendeiner Stadthallenwand geschossen. Motto: „Wer kann am bösesten schauen?“



Ich habe außerdem noch ein Foto gefunden, was in der nicht mehr existenten Kegelbahn der Stadthalle gemacht wurde.

Neues Hagener Rathaus


Der jüngste Ort, den die Breiten durch ihre Anwesendheit geehrt haben, ist das neue Rathaus. Hier wurde im Rahmen einer Pressekonferenz das 1.000 Konzert angekündigt. Wie karg sieht der Ort aus ohne diese schönen Menschen…


Das waren schon die Bilder mit Gruppenaufnahmen.

Andere heilige Stätten in Hagen


Im Rahmen des Wahrheit-Videos wurde eine Sendung vom österreichischen Fernsehen gezeigt, in der Kai Hamburger essend vor dem – damals jüngst eröffneten – McDonald vor dem alten Rathaus zeigt. Neben ihm ein aktuell besungener „Held“. Wahrscheinlich wollte man zeigen, was Hagen für eine Großstadt ist, wenn man schon einen McDonald hat – das war nämlich wirklich was Besonderes…


Ein anderes Motiv aus dem Wahrheit-Video ist das Büro von Extrabreit in der Augustastraße. Wie sich die Zeiten ändern, kann man an dem Baum und den Autos sehen. Wenigstens hat man dem Haus irgendwann mal einen neuen Anstrich und neue Fenster gegönnt…


Ich bin an dem Gebäude erst mal schön vorbeigelatscht, weil ich es nicht mehr wieder erkannt und vergessen hatte, mir die Hausnummer aufzuschreiben.


Zu guter letzt noch zwei Screenshots von Videos aus der Rockranch. Die Rockranch ist der Proberaum der Band seit anno schluff im Erholungsnahgebiet um Hagen auf einem ehemaligen Atomtestgebiet. Ein Bild stammt von 1981 und wurde von Dolezal und Rossacher (DORO) für das österreichische TV gedreht, das andere stammt aus dem aktuellen EPK 2005.

Herzlichen Dank an Thorsten für diese tolle Recherche und die viele Mühe – Das hat sich echt gelohnt